Reisen & Recherchen

Die drei Kronen des Nordens

Nach Jordanien im Frühjahr standen im August die drei nordischen Hauptstädte Stockholm, Oslo und Kopenhagen auf unserem Reiseplan. Vor fünf Jahren, auch noch vor zwei, hätten wir zu diesem Zweck unseren Wohnwagen beladen und wären damit aufgebrochen. Der vollgestopfte Terminplan dieses Jahres ließ uns jedoch keine Zeit für eine mehrtägige Hin- und Rückreise und die teils langen Fahrten von den Campingplätzen in die Stadtzentren, in denen die meisten der von uns ins Auge gefassten Museen lagen. Da die Reise jedoch den Abschluss der Recherchen für den im Herbst 2020 erscheinenden Roman brachte, musste sie heuer durchgeführt werden. Es blieb daher nur das Flugzeug, da eine Bahnreise mit all dem Gepäck zu anstrengend gewesen würde und ebenfalls lange Anreisewege gebracht hätte.

Unser erstes Ziel war Stockholm. Der Empfang in der Stadt war überwältigend. Es schüttete nämlich zum Teufel komm raus, so dass die Straße zehn Zentimeter unter Wasser stand. Erst als es dem Taxifahrer gelang, irgendwie auf den Bürgersteig zu fahren, konnten wir aussteigen. Es waren kaum mehr als zehn Meter zum Hotel, aber bis wir es erreicht hatten, wir waren patschnass. Zum Glück konnten wir unser Zimmer gleich beziehen, und als es zwei Stunden später zu regnen aufhörte, machte Elmar sich auf den ersten Erkundungsgang.

Am nächsten Morgen begann unser Programm. Wir hatten eine Reihe Museen auf unserer Liste, die wir sowohl zur Recherche für den genannten Roman, wie auch zum Auffrischen unseres Wissens besuchen wollten. Die Spanne reichte dabei von der Steinzeit bis ins 19. Jahrhundert. Wir wollten nämlich auf dieser Reise auch mehrere neue Romanstoffe entwickeln und das schaffen wir am Besten auf Recherchereisen, bei denen wir genug Zeit und Ruhe für längere Gespräche finden.

Zu unserem ersten Ziel hatten wir glücklicherweise nicht weit zu gehen. Es regnete nämlich wieder, wenn auch nicht so schlimm wie am Vortag. Das Hallwylska Museum erwies sich als überraschend groß und als Kaufherrnresidenz aus dem 19. Jahrhundert für uns als Volltreffer. Entsprechend lange hielten wir uns darin auf, bewunderten die riesige Sammlung und tauschten erste, kleine Gedankenfetzen für einen neuen Roman aus.

Ein weiterer Haupttreffer waren das Mittelalter Museum und das nationale historische Museum, die als Nächstes auf unserer Liste standen. Beide übertrafen unsere Erwartungen ebenfalls bei weitem und so wanderten wir von der Wikingerzeit bis hin zu Jean Baptiste Bernadotte, der 1818 als König Carl Johan den schwedischen Thron bestieg und zu dessen Nachfolgern.

Für einen Tag hatten wir uns mit unserer Kollegin Charly von Feyerabend verabredet, um mit ihr und ihren Kindern den Skansen zu besuchen. Uns interessieren Freilichtmuseen sehr, da sie die Bauwerke vergangenen Zeiten bewahren, und nahmen begeistert die Chance wahr, uns von Charly führen zu lassen. Es war ein Erlebnis, wenn auch ein feuchtes. Es regnete nämlich mehrmals, was aber, da wir uns in das Innere der Häuser flüchten konnten, nicht so sehr ins Gewicht fiel. Ins Wasser fielen nur ein paar Fotos, die Elmar gerne gemacht hätte und dies nicht konnte. Es war eine wunderschöne Sache, mit Charly und den Kids den Skansen zu erleben, zumal uns genug Zeit blieb, uns ausgiebig umzusehen und die Kinder in uns ein wenig Großelterngefühle auslösten.

Zu unseren weiteren Punkten gehörte das Wasa-Museum. Dieses Schiff, das bei seiner Jungfernfahrt 1628 nach eineinhalb Kilometern gesunken ist, zeigt so richtig die Probleme, die sich damals bei solchen Großprojekten ergaben. Da waren nicht nur die verschiedenen Längenmaße, die beinahe dazu geführt hätten, dass eine Seite des Schiffes kürzer als die andere geworden wäre. Der Schiffsarchitekt wagte es auch nicht, dem König zu gestehen, dass dessen Forderungen zu einer gefährlichen Instabilität des Schiffes führen würden, was dann auch der Fall war. Der Herr hat es vorgezogen, den Ehrenbegriffen seiner Zeit folgend mit der Wasa unterzugehen.

Den Abschluss in Stockholm bildete das Volkskundemuseum Nordiska mit seinen Sammlungen. Auf ein paar andere Stellen, die wir gerne besehen hätten, auch wenn sie nicht zur Recherche gehörten, mussten wir allerdings verzichten, da wir uns in einigen Museen länger als gedacht aufgehalten haben, und zum anderen unsere Konstitution dafür nicht ausreichte.

Oslo erreichten wir rasch und nur mit einem leichten Schauer. Wie in Stockholm hatten wir auch hier Glück, dass sich ein Busbahnhof nahe beim Hotel befand und wir daher keine langen Fußmärsche dorthin machen mussten. Zwar regnete es ein paar Mal, doch im Großen und Ganzen hatten wir mit dem Wetter Glück. Unser Programm war ähnlich ambitioniert wir in Stockholm und begann im Kulturhistorischen Museum mit dem am Besten erhaltenen Wikingerhelm in Norwegen. Das Oslomuseum im Vigelandpark erwies sich ebenfalls als sehr inspirierend. Der Höhepunkt war jedoch der Besuch des Wikingerschiffsmuseums mit dem Oseberg- und dem Gokstadschiff und weiteren Funden aus der Hochzeit der Nordmänner. Lange Jahre hatten wir uns gewünscht, die beiden Schiffe mit eigenen Augen zu sehen und nun war es so weit. Wir hatten sogar Glück, weil wir früh genug kamen und uns so alles in Ruhe ansehen konnten, bevor die Bustouristen förmlich in das Museum geschaufelt wurden.

Das Kon Tiki Museum, das Marinemuseum und das Volkskundemuseum mit seinem Freilichtteil zählte ebenso zu unseren Programm wie einige andere Dinge. Allerdings merkten wir langsam die Erschöpfung und fragten uns, ob wir uns mit dieser Reise nicht zuviel aufgehalst hatten. Da es am letzten Tag in Oslo regnete, wurde es unser erster Ruhetag auf der Reise.

Am nächsten Tag ging es dann nach Kopenhagen weiter. Hier waren allerdings Fußmärsche angesagt, da eine Fahrt mit dem nächstgelegenen Bus bei den meisten Zielen nur eine Ersparnis von 200 Metern gebracht hätte. Die paar Schritte konnten wir auch noch gehen. Unser Programm für Kopenhagen hatte sich schon im Vorfeld verringert, da eines der Museen umgebaut und erst 2020 wieder eröffnet wird. Ein weiteres Museum, das nicht zur Recherche diente, strichen wir, um unsere Kraftreserven für das Nationalmuseum aufzusparen. Es war auch dringend nötig, denn wir merkten bald, dass der eine Tag, den wir dafür eingeplant hatten, nicht ausreichen würde, um auch nur halbwegs das zu sehen, was wir wollten. Es gab einiges Highlights, so den Sonnenwagen von Trundholm, den Kessel von Gundestrup und einige andere Funde, die wir bislang nur aus Büchern kannten und sie nun selbst betrachten konnten.

Zwischendurch schwächelte Elmar wegen einer Magenverstimmung und wir legten unseren zweiten Ruhetag auf dieser Reise ein, bevor es ein zweites Mal ins Nationalmuseum ging. Hier war vor allem die Wikingerzeit und die Frühzeit des norwegischen Königreiches wichtig, und ebenso die Zeit zwischen Christi Geburt und ca. 500 n. Chr.

Beim Theatermuseum, das ebenfalls auf dem Programm stand, haben wir beim Anblick der endlos langen Treppe, die wir hätten erklimmen müssen, beide gestreikt. Für die letzten beiden Tage in Kopenhagen nahmen wir uns daher ein leichteres Programm vor und zogen uns gegen drei Uhr Nachmittags in unser Zimmer zurück. Wie schon in Oslo setzte Elmar sich hin, um Notizen zu machen und die Grundgedanken zu mehreren Romanen aufzuschreiben. Auch in der Hinsicht hat sich diese Reise sehr gelohnt. Insgesamt waren es vierzehn Museumsbesuche, mehrere sonstige Besichtigungen sowie viele interessante Bücher, die in unsere Koffer gewandert sind. Außerdem hat Elmar etliche hundert Fotos gemacht, die uns als Anschauungsmaterial dienen werden.

Als es schließlich in Richtung Heimat ging, waren wir erschöpft, aber sehr zufrieden. Jetzt müssen wir nur sehen, damit wir auf die Beine kommen. In wenigen Tagen geht es nach Selb zum Festival Mediaval, und da sollten wir frisch und munter sein.

Iny und Elmar Lorentz