Reisen & Recherchen

Ziel Santorin

Für einen guten Roman braucht man eine ebenso gute Grundidee, die mit weiteren guten Ideen unterfüttert werden muss, damit sie zusammen das Gerüst des Romans bilden. Weiter ist ein solides Wissen um die Gegend und die Zeit von Nöten, in der der Roman spielen soll. Ein gewisses Maß an Wissen kann man sich durch Sachbücher aneignen. Der letzte, entscheidende Funken der Inspiration wird zumeist erst vor Ort entzündet. Dort kann man auch weiteres Wissen einholen, nämlich durch nur dort vorhandene Literatur, Museumsbesuche und der Besichtigung von Schauplätzen.

Corona hat diese Reisen zu jenen Orten, die wir für diesen Funken brauchen, sehr erschwert. 2020 hatten wir Glück, weil Dr. Alfred Meschnigg uns im Vorfeld auf 'Das Mädchen von Aguntum' aufmerksam gemacht hat, dem Marmorrelief einer jungen Frau aus der Römerzeit. Als die Wege nach Österreich wieder offen waren, konnten wir dorthin fahren. Dr. Alfred Meschnigg machte uns mit Archäologen, Museumsleuten und anderen Personen bekannt. Dadurch konnte sich der Funke der Inspiration entzünden und es wurde ein schöner Roman daraus, den Dr. Alfred Meschnigg als Sittenbild der damaligen Zeit kommentierte. 'Das Mädchen von Agunt' wird im Sommer 2022 erscheinen.

2020 konnten wir eine weitere Recherchereise machen, wenn auch durch Corona nur in abgespeckter Form, nämlich nach Meiningen und Umgebung. Auch dort 'zündete' es. Da es sich dabei um eine Trilogie handelt, war Elmar bis vor kurzem damit beschäftigt und Iny ist es noch.

Seit der Reise nach Meiningen sind wir über ein Jahr lang nicht mehr aus unserer näheren Umgebung herausgekommen. Es wurde daher dringend Zeit, dies zu ändern. Im Frühsommer wurde eine neue Idee geboren, der wir nun nachgehen wollten. Das Ziel war die Insel Santorin, einst ein minoischer Satellitenstaat, später ein bedeutender Kriegshafen der Ptolemäer und danach lange Zeit zwischen Kreuzrittern, Byzanz und dem Osmanischen Reich umkämpft. Aus dieser reichen Geschichte wollten wir schöpfen.

Es war ungewohnt, nach über zwei Jahren wieder in ein Flugzeug zu steigen. Es ging jedoch alles glatt. Auch der Transfer zum Hotel klappte reibungslos. Im Hotel aber kam der Schock. Auf dem Prospekt hatte alles ganz harmlos ausgesehen. Doch für uns ging es nun buchstäblich in die Tiefe. Zuerst mussten wir einen steil abwärts führenden Gang hinunter gehen, der Iny bereits vor schwere Probleme stellte. Dann ging noch eine Treppe hinab, die Iny kaum noch schaffte. Die uns begleitende Hotelmanagerin erkannte unsere Schwierigkeiten und versprach, dass wir am nächsten Tag ein günstiger gelegenes Zimmer bekommen würden, bei dem es keine solche Treppe gäbe. Für den langen, steilen Gang riet sie uns, in der Rezeption anzurufen und um einen Golfkart zu bitten, der uns nach oben, und auch wieder nach unten bringen würde.

Obwohl wir sonst trotz Inys Gebehinderung versuchen, so unabhängig wie möglich zu sein, mussten wir hier auf dieses Angebot eingehen. Es zeigte sich rasch, wie gut diese Vereinbarung war. Am nächsten Tag zogen wir bereits am Vormittag um. Die Golfkartfahrer kamen rasch und waren immer freundlich und auch sonst herrschte eine sehr angenehme Stimmung im Hotel. Kaum waren wir umgezogen, konnten wir auch unseren Mietwagen in Empfang nehmen und die erste Erkundungsfahrt beginnen. Hier lernten wir bald das Hauptverkehrshindernis Nr. 1 auf Santorin kennen, nämlich die vielen Touristen, die sich ein Quad gemietet haben. Auf 40 Kilometer (untere Kategorie) und 50 Kilometer (obere Kategorie) Höchstgeschwindigkeit beschränkt, stellen sie die Geduld der Autofahrer auf eine harte Probe. Außerdem parken sie an den unmöglichsten Stellen.

Bei unserer ersten Fahrt durfte Elmar einen halben Kilometer rückwärtsfahren, da die Quads nicht nur die gesamte Straße entlang geparkt hatten, sondern auch noch auf der einzigen Wendemöglichkeit an dieser Sackgasse standen. Es war dies eines von zwei Problemen, die wir während unseres Aufenthalts mit dem Parken hatten. Das Zweite war mehrere Tage später in der Inselhauptstadt Fira. Dieses Problem lösten wir, indem wir bei den beiden Malen, die wir zu einem späteren Zeitpunkt nach Fira fuhren, einfach früher aufbrachen und jedes Mal einen Parkplatz fanden.

In den ersten Tagen spulten wir unser Programm ohne Probleme ab. Wir besuchten Museen und andere für uns interessante Stellen. Dabei merkten wir aber rasch, dass gemütliche Spaziergänge im Flachland nicht gerade das richtige Training für steile Anstiege und Treppen auf Santorin waren. Wir mussten die Zähne teilweise ganz schön zusammenbeißen.

Außerdem hatten wir Pech. Iny rutschte mit ihren Krücken an einer glatten Stelle aus und fiel schwer auf den Rücken. Zwei Tage später trat Elmar fehl und stürzte eine Stufe hinab. Sowohl Iny wie auch ihm tat einiges weh und wir waren froh, die wichtigsten Dinge bereits erledigt zu haben. Den Rest auf unserer Liste konnten wir zum Glück gemütlicher erledigen. Ein Schiffsausflug half mit, uns ein wenig zu erholen, und wir schafften auch den zweiten Besuch in Fira. Hier zog es Elmar zweimal in Book-Shops und wir kamen jedes Mal mit reicher Ausbeute heraus. Auch die private Führung durch ein Museum, die wir vereinbart hatten, klappte anstandslos. Wir hatten fast drei Stunden Zeit, Fragen zu stellen und uns wichtige Sachen zeigen zu lassen. Auch bekamen wir von unserer Führerin Tipps für interessante Informationen. In einem anderen Museum gab es von einer der dortigen Damen ebenfalls einen wichtigen Tipp für uns.

Als schließlich der letzte Tag anbrach, waren die Punkte auf unserer Liste erledigt. Daher beschlossen wir, uns an dem Tag noch ein paar schöne Stunden in einem Strandcafé zu machen. Elmar überließ Iny die Wahl des Ortes und sie nannte Kamari. Dort hatten wir ein paar Tage zuvor zu Mittag gegessen. Wir fuhren hin, parkten auf dem uns bekannten Parkplatz und machten uns auf den Weg. Plötzlich sagte Elmar, er wolle nicht dieselbe Straße benützen wie letztens, sondern einen Bogen schlagen. Da wir Zeit hatten, machten wir das auch.

Unterwegs entdeckte Elmar einen Book-Shop und meinte, wir könnten auch da hineinschauen. Wir hatten eigentlich nichts Wichtiges darin erwartet. Da entdeckt Elmar plötzlich ein Buch über die uns interessierende Zeitspanne auf Deutsch. Zwar hatten wir schon einiges auf Englisch besorgt, doch das hier war ein Glücksfund. Nur Augenblicke später rief Iny ihn zu sich und zeigte auf ein Bücherregal. Dort stand weit sichtbar 'Glanz der Ferne'. Darunter entdeckten wir mit 'Licht in den Wolken' und 'Die steinerne Schlange' zwei weitere unserer Romane. Ebenfalls vorhanden waren mehrere Romane von Hanna Caspian, sowie je einer von Charlotte Roth und Daniel Holbe.

Für uns hatte sich der Abstecher nach Kamari damit doppelt gelohnt. Es war jedoch eine Folge von Zufällen, die dazu führte. Hätte Iny nicht Kamari vorgeschlagen und Elmar nicht den Umweg gewählt, hätten wir diesen Buchladen nie entdeckt. So aber konnten wir froh und munter weitergehen und uns eine Stelle suchen, an der wir auf das Meer schauend über unsere weiteren Schreibpläne reden, gemütlich zu Mittag essen und ein letztes Glas Wein auf griechischem Boden genießen konnten.

Am nächsten Tag hieß es Koffer packen und auf das Taxi warten, das uns zum Flughafen bringen würde. Als wir schließlich am Abend zu Hause eintrafen, lag eine anstrengende, teilweise schmerzhafte, aber auch sehr zufriedenstellende Recherchereise hinter uns. Der neue Roman kann kommen!