Reisen & Recherchen

Wieder einmal auf Recherche

Nachdem in den Jahren 2020, 2021 und 2022 Recherchereisen mit Einschränkungen und Belastungen verbunden waren, hatten wir für dieses Frühjahr eine gut vierwöchige Reise nach Griechenland geplant. Wir hätten nun fliegen und ein Mietauto nehmen können. Stattdessen entschieden wir uns, mit unserer Rosi aufzubrechen. Die sind wir nämlich gewöhnt. Um uns den Stress der langen Anreise zu ersparen, buchten wir die Fähre von Venedig nach Patras und zurück.

Schon zu Beginn bockte unser Navi, denn es wollte die Straße, die zum Fähranleger führt, einfach nicht akzeptieren. Elmar gelang es aber, das Navi zu überlisten und die Stelle auf dem Bildschirm per Fingerdruck zu programmieren. Es war ein Verfahren, das sich im Verlauf unserer Reise noch mehrmals wiederholen sollte. Dabei erwiesen sich etliche Google-Maps-Ausdrucke als äußerst hilfreich.

Jedenfalls kamen wir gut auf die Fähre und ebenso gut in Patras und dem Hotel an, in dem wir die erste Nacht verbrachten. Wir hatten Vorfeld eine lange Liste mit Museen und anderen, für uns wichtigen Punkten erstellt, die wir aufsuchen wollten. Für das erste dieser Museen bzw. dessen Nähe zeigte unser Navi als Ziel ‚Gelände‘ und dessen Koordinaten an. Wir haben es trotzdem gefunden. Es war das Archäologische Museum von Elis und ist wunderschön. Wir fanden es ein wenig traurig, dass unsere Rosi einsam und allein auf dem großen Parkplatz stand, denn wir waren nämlich die einzigen Besucher.

Weiter ging es dann zum ersten Hotel, in dem wir mehrere Tage bleiben wollten. Auch hier sagte unser Navi: "Nö, diese Straße kenne ich nicht!" Erneut musste Elmars Zeigefinger die Stelle auf dem Bildschirm antippen. Als wir dann das Ziel erreichten, sahen wir kein Hotel, sondern nur eine hohe, abweisende Mauer. Iny entdeckte mehrere Leute, die aus einer Art Tor herauskamen, und ordnete sie als Feriengäste ein. Das Hotel lag hinter der Mauer. Es handelte sich nämlich um eine frühere Weinkellerei, die zu einem Ferienhotel umgebaut worden war. Von hier aus unternahmen wir die nächsten Fahrten.

Eines der Ziele war Olympia. Die Ausgrabungen hatten wir bereits 2017 gesehen. Daher richteten wir diesmal unser Augenmerk auf das großartige archäologische Museum. Es lohnt sich wirklich, es zu besuchen. Allerdings war dies bei allen Museen und Stellen der Fall, die wir aufgesucht haben. Ein paar stechen aber dann doch heraus, und das in Olympia zählt auf jeden Fall dazu.

Mehrere Tage später fuhren wir zum nächsten Ort. Erneut weigerte sich das Navi, das Ziel anzugeben und Elmars Zeigefinger kam wieder zum Einsatz. Er tippte so gut darauf, dass das Navi genau vor dem Hotel verkündete, wir hätten das Ziel erreicht. Wir waren in Sparta und hatten uns auch für dort ein volles Programm vorgenommen. Neben mehreren Museen, der Museumsstadt Mistras und einigen Ausflügen ins Land hinein zählte auch die Grotte von Dirgas Pirou dazu, eine Höhle auf Meereshöhe, die mit einem Boot befahren werden kann. In Ferienzeiten soll es Wartezeiten von über zwei Stunden geben. Bei uns war der Andrang weitaus geringer und so mussten wir nur ein paar Minuten warten, bis ein Boot für uns bereitlag. In Erinnerung wird uns auch eine Fahrt nach Tripoli bleiben und die elende Suche nach einem Parkplatz in jener Stadt. Als wir am Tag darauf in ein Museum mitten in Sparta fuhren, nahmen wir vorsichtshalber ein Taxi.

Bei der nächsten Etappe hatte Elmar ein noch anspruchsvolleres Programm zusammengestellt. Da die Fahrt nach Nafplio nicht allzu lang war, legten wir einen Zwischenstopp bei einem Museum ein, sodass wir es bereits gesehen hatten, bevor der eigentliche Aufenthalt begann. In den nächsten Tagen ging es munter weiter. Museen wechselten sich ab mit Ausgrabungsstätten. Einen Teil der Ziele konnte Iny wegen ihrer Gehbehinderung nicht erreichen. Dafür durfte Elmar klettern und steigen und viele, viele Fotos machen, damit Iny zu Hause sehen konnte, was es zu sehen gab. Unter anderem waren wir in mehreren Museen in Nafplio, in Mykene, Argos, Tiryns, Archaia Epidauros und Epidauros selbst.

Zu sagen ist, dass unser Navi das Hotels kannte. Die Zufahrt war ein anderthalb Kilometer langer, einspuriger geteerter Feldweg mit zwei scharfen Spitzkehren und auf dem letzten Stück so steil, als wolle man dort eine Skisprungschanze bauen. Rosi aber ließ das alles kalt.

Nach einer guten Woche ging die Reise weiter zu unserem letzten Etappenziel. Auch hier legten wie einen Zwischenstopp ein und besuchten Archaia Korinth. Auf unserem Reiseplan standen noch zwei Museen und eine Fahrt ins Umland. Allerdings brauchten wir nach dem anstrengenden Programm in Nafplio und Korinth erst einmal einen Ruhetag. Doch auch hier lagen wir nicht auf der faulen Haut. Wir hatten einiges an Sachbüchern mitgenommen und lasen kräftig. Zudem besprachen wir neue Romankonzepte und Elmar schrieb wieder mehrere Exposés mit der Hand, wie er es auf solchen Reisen immer tut. In der Hinsicht sind solche Recherchereisen für uns sehr wichtig. Wir können das, was wir sehen und erleben sofort in Formen gießen und nehmen die Erinnerung daran mit nach Hause.

Das wichtigste Museum auf dieser Reise hatten wir uns für den letzten Tag aufgespart. Das Navi war wieder einmal nicht bereit, den genauen Standpunkt zu akzeptieren. Da die bisher aufgesuchten Museen jedoch immer gut ausgeschildert waren, hatten wir keine Bedenken, auch dieses zu finden. Doch genau die Schilder fehlten hier. Wir wussten, dass wir in der Nähe waren, doch nicht, in welcher Richtung das Museum lag. Beim Kreisen kamen wir direkt daran vorbei, doch leider war der nahe gelegene Parkplatz voll. Nach einem weiteren Schlenker entdeckten wir den Parkplatz eines Supermarktes. Obwohl es Sonntag und der Supermarkt geschlossen war, standen einige Autos dort. Sie vermehrten sich dann auch gleich um unsere Rosi. Ein freundlicher Kioskbetreiber wies uns den Weg und wir erreichen das Museum nach weniger als hundert Meter. Es war wirklich der Höhepunkt unserer Reise, und Elmar meinte, wenn wir es nicht gefunden hätte, hätte er unser Navi erwürgt.

Am nächsten Tag galt es, Abschied von Griechenland zu nehmen. Vier Wochen lang hatten wir uns 4.000 Jahre Geschichte erlebt, unzählige Artefakte gesehen und fotografiert und kräftig Material für neue Romane gesammelt. Vor allem aber hatten wir mehr gesehen und erlebt als zu Beginn erwartet und trotz des zickigen Navis alles gefunden, das wir gesucht haben.

Daher checkten wir sehr zufrieden auf der Fähre ein, stellten unsere Rosi im Car-Deck ab und bezogen unsere Kabine. Wir hatten uns extra ein paar Bücher aufgehoben, um sie während der Überfahrt lesen zu können. Natürlich sahen wir uns auch auf dem Schiff um und tranken den einen oder anderen Tee an der Bar. Dort lernten wir auch ein Paar aus unserer Nachbargemeinde kennen, versäumten es aber, die Adressen zu tauschen. Das wollten wir dann am nächsten Morgen beim Frühstück tun. Die Zeit glaubten wir zu haben, denn laut Auskunft bei der Rezeption sollte das Schiff am späten Vormittag in Venedig einlaufen.

Wir planten entsprechend und so hatte Elmar gerade das Badezimmer betreten, als auf einmal die Durchsage kam, das Bordrestaurant wäre noch dreißig Minuten geöffnet. Für uns beide hieß es nun, uns in Windeseile fertigzumachen. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig ins Restaurant für eine kleine Tasse Tee und ein Brötchen. Dann wurden die Jalousien herabgelassen. Wir hätten aber auch nicht länger sitzen bleiben können, denn die Fähre kam drei Stunden früher in Venedig an, als man uns gesagt hatte. Daher mussten wir rasch packen, die Kabine verlassen und uns auf den Weg zum Car-Deck machen.

Im Hafen gab es noch eine Polizeikontrolle. Elmar musste dem italienischen Beamten beweisen, dass wir keine Migranten unter unseren Koffern versteckt hatten. Als die Frage nach mitgeführten Devisen zu penetrant wurde, hielt Elmar dem guten Mann seinen Geldbeutel mit den traurigen Resten unseres Reisegeldes unter die Nase. Dann endlich kapierte der Polizist, dass wir nur einfache Reisende waren, die von Griechenland aus kommend nach Hause wollten.

Ein Gutes hatte die verfrühte Ankunft im Venedig. Zwar lag eine 550 km lange Fahrt in Dauerregen und aufstiebender Gischt vor uns, aber wir kamen dafür so früh zu Hause an, dass uns noch Zeit blieb, einige Sachen zu erledigen. Als eines der ersten Dinge wollte Elmar die unterwegs gemachten Fotos auf den Computer überspielen. Doch ausgerechnet die SD-Karte unserer Museumskamera streikte. Elmar glaubte bereits die ganzen Aufnahmen verloren, als er erkannte, dass er die Bilder der Karte einzeln aufrufen und auf der Festplatte abspeichern konnte. Es war eine Heidenarbeit, tausend Fotos auf diese Weise zu übertragen. Dafür aber hatten wir sie, und das ist wohl das Wichtigste.

Nein, das Wichtigste war, dass wir zwar erschöpft, aber glücklich wieder zu Hause angekommen sind. Es war eine schöne und erfolgreiche Reise und macht uns Mut, erneut zu fernen Zielen aufzubrechen und uns zu überlegen, wie wir das, was wir dort erfahren und sehen, in Romanen umsetzen können.

Iny und Elmar Lorentz