Reisen & Recherchen

Seit Jahren wird Iny von einer Romanidee verfolgt, die jedoch auch bei den Recherchereisen immer hinter anderen Ideen zurückstehen musste. Bei einer Recherchereise vor zwei Jahren verstärkte sich diese Idee, und wir beschlossen, nun doch die wichtigste Recherchereise dafür in Angriff zu nehmen. Ein gewisser Teil des Romans soll in Ägypten spielen. Die meisten anderen Schauplätze kennen wir bereits von anderen Fahrten. Ägypten war für uns jedoch neu. Nun ist Ägypten nicht gerade ein Land, in dem man sich einen Leihwagen mietet und fröhlich und munter die einzelnen Stellen anfährt, die man sehen will. Uns war daher klar, dass es eine organisierte Reise sein musste. Hier aber galt es genau abzuwägen, wie wir vorgehen sollten. Da der Roman zumeist auf und am Nil spielen soll, bot sich eine Flusskreuzfahrt mit dichtem Besichtigungsprogramm an. Nun finden die meisten Nil-Kreuzfahrten von Luxor nach Assuan und zurück statt. Das war uns aber auf jeden Fall zu wenig.
Dank unserer fixen Reisekauffrau gelang es uns, zwei Kabinen auf einem der nur wenige Male im Jahr fahrenden Schiffe zu buchen, die von Kairo aus den Nil bis nach Assuan hochfahren. Zwei Kabinen waren es deshalb, weil wir aufgrund der zu erwartenden Anstrengungen unseren Webmaster Hannes und dessen Frau Petra gebeten haben, uns auf dieser Reise zu begleiten und zu unterstützen. Dies haben die beiden auch nach Kräften getan.
Als wir uns am Flughafen München trafen, lagen zwei Wochen auf dem Nil vor uns, vollgestopft mit Besichtigungen und Programm. Auch wenn die Grundzüge für den geplanten Roman bereits in unseren Gedanken steckten, so fehlten doch noch einige sehr wichtige Details, und die hofften wir, auf dieser Reise zu erhalten.
Der Flug verlief reibungslos. Wir kamen am späten Abend in Kairo an und wurden am Flughafen sofort von den Leuten des Reiseveranstalters in Empfang genommen und zu unserem Schiff gebracht. Es war ein kleines Schiff mit geringem Tiefgang, da der Nil zwischen Kairo und Luxor teilweise recht flach fließt. Die großen Kreuzfahrtschiffe, die zwischen Luxor und Assuan pendeln, können diese Strecke nicht befahren, da sie unweigerlich auflaufen würden.
Obwohl die Zeit zum Abendessen bereits vorbei war, wurde für die angekommenen Gäste noch ein kleines Büffet aufgebaut. Hannes war ganz enttäuscht, da er dachte, es würde auch während der Fahrt nur eine recht kleine Auswahl an Speisen geben. Bereits das Frühstück am nächsten Morgen belehrte ihn des Besseren. Es gab reichlich und viel. Dies war allerdings auch nötig, denn das ambitionierte Besichtigungsprogramm forderte alle Kräfte.
Es ging bereits um sieben Uhr los. Zuerst standen die großen Pyramiden von Gizeh auf dem Programm. Der Eindruck war gewaltig. Man sieht diese Pyramide, aber auch die danebenstehende Pyramide des Chephren, zwar auf Bildern, kann sich dabei aber keine Vorstellung von ihrer wahren Größe machen. Anschließend ging es weiter zur Sphinx. Den Abschluss des Vormittagsprogramms bildete der Besuch im Kulturhistorischen Museum mit seiner reichhaltigen Sammlung und der Mumiensammlung einschließlich der von Ramses II.
Für das Mittagessen blieb nur wenig Zeit, denn es stand das ägyptische Nationalmuseum auf der Liste. Es ist ein weitläufiges Museum mit Funden aus etlichen tausend Jahren, das erlaufen werden musste. Den Abschluss machte die Goldmaske des Pharaos Tut Anch Amun.
Bei dem Programm war es kein Wunder, dass wir am Abend vollkommen fertig waren. Es gab jedoch keine Gnade, denn am nächsten Tag ging es zu den Pyramiden von Sakkara und Dahshur mit der berühmten Stufenpyramide, der Knickpyramide und der roten Pyramide als erster, richtiger Pyramide in der klassischen Form. Nach unserer Rückkehr und einem späten Mittagessen begann dann die Fahrt auf dem Nil und wir hatten den Rest des Nachmittags Zeit, uns ein wenig zu erholen.
Den nächsten Tag fuhr das Schiff ohne Zwischenaufenthalt bis zum Abend. Wir erfuhren dabei einiges über die Navigation auf dem Schiff, das der aus einer alten Schifferfamilie stammende Kapitän ohne technische Hilfsmittel wie Radar oder Echolot steuerte, sondern nur mit der Erfahrung vieler Jahre auf dem Fluss. Dazu gab es Vorträge über Ägypten und dessen Geschichte. Die ersten, interessanten Informationen flogen uns dabei förmlich zu. Ach ja, am Abend legte das Schiff in der Stadt Minia an und es gab einen Spaziergang durch die Stadt mit Polizeibegleitung. Die bewaffnete Staatsmacht blieb uns auch auf der gesamten Schiffsreise erhalten.
Für uns ging jedoch das Programm am nächsten Morgen weiter. Die Felsengräber von Beni Hassan sollten besichtigt werden. Die fast dreihundert Stufen bis dorthin zu bewältigen, war für Iny unmöglich. Auch Elmar verzichtete anhand der hohen Temperaturen darauf. Wir überließen es Petra und Hannes, hochzusteigen, Fotos zu machen und uns zu berichten, was dort zu sehen war. Auf dieser Reise haben wir es so noch ein oder zwei Mal so gemacht. Anschließend war Achet Aton, die Stadt des abtrünnigen Pharaos Echnaton an der Reihe. Einst glanzvoll erbaut, wurde die Stadt nach Echnatons Tod von den Priestern Amuns dem Erdboden gleichgemacht. Reste waren aber noch zu erkennen. Auch berichtete unserer Führer Mohammed, dass dort die berühmte Büste der Nofretete gefunden wurde, die heute in einen Berliner Museum zu sehen ist.
Da das Schiff in der Nacht nicht fahren konnte, legten wir stets irgendwo an. Nun sind die Ägypter ein fröhliches Volk, das sich nichts dabei denkt, mit seinen Booten um zwei Uhr nachts mit Musik und voll aufgedrehten Lautsprechern in zehn Meter Entfernung an unserem Schiff vorbeizufahren, oder in nahen Cafés und Restaurants bis in den Morgen zu feiern. Die Nachtruhe war daher nie ungestört. Hannes besondere Freunde wurden die Muezzine, die noch vor Tau und Tag ihre Lautsprecher einschalteten, um die Leute zum Gebet zu rufen.

Am nächsten Tag wurden zwei koptische Klöster besucht und am Abend gab es wieder einen Spaziergang unter Polizeibegleitung. Weiter ging es mit der Busfahrt zum Tempel von Abydos und dessen Besichtigung. Langsam machte sich eine gewisse Erschöpfung breit. Früh aufstehen und in der Nacht schlecht schlafen zu können, sind nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein voll durchgeplantes Besichtigungsprogramm. Dabei war das, was wir bis dahin erlebt hatten, noch harmlos gegen das, was uns noch bevorstand.
Der Tempel von Dendera kam als Nächstes an der Reihe. Am Abend erreichten wir dann Luxor und wurden mit Pferdewagen durch die nächtliche, aber immer noch sehr lebendige Stadt kutschiert. Es ging spät zu Bett und früh wieder heraus. Das Tal der Könige mit seinen Gräbern stand auf dem Programm. Unser Führer Mohammed riet Iny, sich das Grab Ramses III. anzusehen, da dies ohne Stufen zu besichtigen war. Petra, Hannes und Elmar sahen es sich ebenfalls an. Dann kam für Elmar die Härte, nämlich das Grab von Sethos I. Es ging sehr tief hinab und es gab sehr viele Stufen. Allerdings war es auch das prächtigste der zu besichtigenden Gräber. Reichte das Tal der Könige bereits aus, um uns an den Rand der Erschöpfung zu bringen, so war die Fahrt immer noch nicht zu Ende. Es galt noch, den Stufentempel der Hatschepsut zu besichtigen und den Abschluss machten die Memnon-Kolosse. Haben wir Abschluss geschrieben? Nach einem späten Mittagessen ging es nämlich weiter. Der Luxor-Tempel war an der Reihe, und die erst vor Kurzem freigelegte Sphinx-Allee. Es gibt in Luxor nun einmal viel zu sehen.
Am späten Abend gab es noch Bauch- und Derwischtanz auf dem Schiff. Aber da lagen wir (Iny und Elmar) bereits wie erschlagen im Bett. Früh morgens mussten wir aber wieder raus. Die Besichtigung der Tempelanlage von Karnak stand auf der Liste. Es handelt sich um einen der größten Tempel in Ägypten und es war einiges zu laufen. Nach dem Mittagessen ging weiter nach Theben West. Wer dann noch nicht genug hatte, konnte am Abend noch eine Ton- und Lichtshow im Karnak Tempel mitmachen. Hier streikten Iny und Elmar und überließen es Petra und Hannes, sich das anzutun.
Am nächsten Morgen verließen wir Luxor. Da wir in zwei Tagen bis Assuan fahren wollten, gab es an diesem Tag nur eine Besichtigung, und zwar des Chnum Tempels in Esna. Anhand der Temperaturen von über vierzig Grad und der Tatsache, dass die Anlagestelle nur über eine hohe Treppe zu verlassen war, verzichtete Iny darauf, mitzukommen. Der Tempel lag in Fußreichweite. Bei der Hitze aber war es eine Qual, diese Strecke zu schaffen. Elmar musste die Zähne arg zusammenbeißen. Wenigstens lohnte es sich, diesen Tempel anzusehen und den Erläuterungen unseres Führers zu lauschen. Danach legte das Schiff wieder ab, um am späten Abend in Edfu für die Nacht festzumachen.
Nach dem Früh-Frühstück ging es mit Kutschen zum Horustempel in Edfu, einem der am Besten erhaltenden Tempel in Ägypten, nur leider ebenfalls sehr groß. Hier erhielten wir weitere Informationen, die für uns wichtig waren. Wir hatten insgesamt auf Glück, da unser Führer Mohammed die Geschichte Ägyptens studiert hatte und uns als all unsere Fragen die richtigen Antworten geben konnte – und wir hatten sehr viele Fragen.
Am Nachmittag erreichten wir Kom Ombo und den dortigen Sobek-Tempel. Diesmal streikten wir beide und vertrauten darauf, von Hannes und Petra Fotos und Informationen zu erhalten, was dann auch geschah.
Am späten Abend trafen wir in Assuan an. Es war der Endpunkt unserer Schiffsreise. Vor uns lagen jedoch noch zwei Tage volles Programm, und wir waren bereits so platt wie Flundern. Trotzdem stiegen wir nachts um 04:30 Uhr in den Bus, der uns nach Abu Simbel und damit zu dem berühmten Felsentempel Ramses II. und seiner Lieblingsfrau Nefertari bringen sollte.
Unterwegs fragte Elmar sich, ob es wirklich so sinnvoll ist, fast acht Stunden im Bus durch die Wüste gefahren zu werden, um knapp zwei Stunden lang die beiden Tempel zu besichtigen. Irgendwie aber haben wir das Gefühl, dass es sich doch gelohnt hat. Als Abschluss gab es an dem Tag noch eine Stadtrundfahrt durch Assuan und einen Basarbesuch, der bei einem großen Teil der Beteiligten äußerst kurz ausfiel, da wir mit unseren letzten Kräften dem Schiff zustrebten, um uns vor dem Abendessen noch ein wenig zu erholen.
Der letzte Tag: Er sah für alle außer Iny, für die es unmöglich war, eine Kletterpartie im Steinbruch vom Assuan und der Besichtigung des während der Arbeit gesprungenen Riesenobelisken vor. Danach ging es zum Hochstaudamm weiter, der den Nil zum Nassersee aufstaut, und zuletzt fuhren wir mit dem Boot zur Insel Philae mit dem darauf errichteten Tempel der Isis. Gut, es ist nicht mehr Philae selbst, sondern eine Nachbarinsel, weil der Tempel ebenso wie Abu Simbel wegen des Staudammbaues abgebaut und auf einer höher gelegenen Insel in der Nähe neu errichtet worden war. Hier reichten die Kräfte noch.
Am Nachmittag unternahmen wir eine Fahrt mit einer Feluke und beobachteten interessiert, wie der Schiffer gegen Strömung und Wind ankreuzte, um den Nil aufwärts zu kommen. Es schloss sich die Besichtigung der Insel Elephantine an, einst das Zentrum eines vordynastischen ägyptischen Reiches, dessen Museum und Ruinen zu besichtigen waren. Der letzte Programmpunkt unserer Nilreise war eine Teestunde auf der Terrasse des Old Cataract Hotels, in dem Agatha Christie einst ihren Roman 'Tod auf dem Nil' geschrieben hatte. Es war ein würdiger Abschluss einer sehr schönen, sehr interessanten und sehr, sehr anstrengenden Fahrt auf den Spuren des alten Ägyptens.
Da wir von früheren Reisen bereits wussten, dass wir nach einer solchen Reise etwas Erholung und vor allem Zeit zum Nachtarocken und zum Notieren unserer Ideen brauchen, hatten wir noch einen kurzen Aufenthalt in Hurghada angehängt. Dort versuchten wir auch, die Bronchitis auszukurieren, die wir uns unterwegs zugezogen hatten. Hitze, Wüstenstaub, Smog und eisgekühlte Ausflugsbusse sind nun einmal eine toxische Mischung, die uns arg zusetzte. Hannes und Petra konnten sich am Strand erholen. Wir besprachen die Reise und so konnte Elmar auch diesmal etliche Seiten mit der Hand füllen, die irgendwann einmal das Rückgrat nicht nur eines, sondern mehrerer Romane bilden werden.
Das Resümee: Es war eine sehr erfolgreiche Reise mit einem äußerst kompetenten Führer. Wie meinte Mohammed beim Abschied zu uns: "Sie waren aber sehr interessiert!" Natürlich waren wir das. Wir wollen ja schließlich mindestens zwei Romane schreiben, die teilweise in Ägypten spielen sollen.
Das Schiff wurde ausgezeichnet geführt, die Besatzung war um unser aller Wohl besorgt und die Versorgung erstklassig. Alle Ausflüge und Besichtigungen waren interessant. Die Händler in den Basaren waren die üblichen Schlitzohren, aber das sind wir von solchen Reisen gewohnt.
Unser besonderer Dank gilt Petra und Hannes, ohne die wir diese Reise wohl nicht hätten machen können. Beide sorgten rührend für uns und Hannes erwarb sich unsere Dankbarkeit, in dem er uns alle Informationen besorgte, die es an den einzelnen Punkten gab.
Jetzt aber geht es erst einmal mit den bereits geplanten Romanen weiter, doch hoffen wir, in unserer Fantasie bald wieder an den Nil zurückkehren zu können.
Eure Iny und Elmar